Amerikanische Kermesbeere
(Phytolacca americana L.)
Einfuhr- und Einschleppungswege
Die Art wurde in der 1. Hälfte des 17. Jhdts. nach Europa (England) als Zierpflanze eingeführt.
Ausbreitungswege
Handel, Garten- und Landschaftsbau, Kraftfahrzeuge, Materialtransporte sowie (Boden)aushub, Vögel, Wasser, unsachgemäße Entsorgung.
Erkennungsmerkmale
Die sommergrüne, krautige Pflanze kann 2 - 3 m hoch werden. Die Länge der meist rübenartig verdickten Pfahlwurzel kann über 50 cm betragen. Das Mark des festen, krautigen, hin und wieder weißlich bereiften Stängels ist gekammert. Die Blätter sind groß (über 20 cm), wechselständig und oval-eiförmig, die verzweigten Äste meist purpurn gefärbt. Die überhängenden, langen, traubigen Blütenstände zeigen von Ende Juni bis September ihre zahlreichen, weißen Einzelblüten und gleichzeitig auch schon reifende Früchte. Die Früchte sind im unreifen Zustand stark gerillt, sodass sie wie 10 einzelne Kammern wirken. Die reifen, fast schwarzen Früchte sind dagegen rund und glatt.
Auswirkungen des Klimawandels
Die Pflanze ist sehr wärmeliebend und frostempfindlich, eine Förderung durch höhere Temperaturen (vor allem im Winterhalbjahr) ist anzunehmen.
Biologie und Ökologie
Die Amerikanische Kermesbeere ist mehrjährig und zählt zu den größten wildwachsenden Stauden. Sie überdauert die Frostperiode im Wurzelstock, die oberirdischen Teile sterben im Herbst nach den ersten Frösten ab. Bezüglich Böden, Licht und Nährstoffe stellt sie keinerlei Ansprüche. Die amerikanische Art bevorzugt eher nährstoffreichere, die asiatische Verwandte nährstoffärmere Böden. Man findet sie z.B. in lichten Wäldern, an Waldrändern, auf Kahlschlägen, an Ufern von Gewässern, entlang von Wegen, in Äckern und in Deponien. Die dunklen Früchte sind für Vögel sehr anziehend und ein beliebtes Futter. Die Samen werden von diesen ausgeschieden und weit verbreitet. Eine Pflanze kann mehr als 25.000 Samen hervorbringen. Die Vermehrung beider Arten erfolgt sowohl durch Samen als auch Wurzelknollen.
Negative ökologische Auswirkungen
In der Konkurrenz um Nährstoffe, Wasser und Licht, ist die Art durch das rasche Wachstum und die Bildung von Dominanzbeständen Gewinner gegenüber standorttypischen Arten, die dadurch verdrängt werden. Über die Wurzeln werden pflanzeneigene chemische Stoffe abgegeben, die das Wachstum anderer Pflanzen be- und verhindern (Allelopathie).
Negative ökonomische Auswirkungen
Die Amerikanische Kermesbeere bildet rasch dichte Bestände, die den Aufwuchs von Junggehölzen verhindern und Ernteeinbußen in landwirtschaftlichen Kulturen verursachen können.
Positive ökonomische Auswirkungen
Die beliebte Zierpflanze kann im Handel erworben werden. Der Farbstoff der Beeren wird als Lebensmittelfarbe und zum Färben von Wolle und Stoffen genutzt.
Negative gesundheitliche Auswirkungen
Alle Pflanzenteile der Amerikanischen Kermesbeere sind giftig, wobei die Giftigkeit von der Wurzel über Blätter, Stamm und unreifem bis zu reifem Fruchtstand abnimmt. Der Genuss roher Teile kann zu Vergiftungssymptomen wie Erbrechen, Durchfall, Krämpfen und Beschwerden im Magen- Darmbereich bei Mensch und Tier führen.
Managementmaßnahmen
Ziele der Maßnahmen:
Die Entstehung neuer Bestände verhindern und bestehende in ihrer Ausbreitung hemmen.
- Öffentlichkeitsarbeit.
- Verhinderung der (un)absichtlichen Ausbreitung.
- Vermeidung offener Böden.
- Unbelastete nicht mit belasteten Böden mischen.
- Gründliche Reinigung benutzter Geräte, Fahrzeuge, Kleidung und Schuhwerk.
- Die Pflanzen müssen von der Fläche abtransportiert und fachgerecht entsorgt werden. Falls sie liegen bleiben, können Wurzeln, bedingt durch Wärme und Feuchtigkeit, einwachsen und austreiben. Sprossteile sind in der Lage sekundäre Wurzeln auszubilden.
- Nach jeder Bekämpfung ist eine mehrjährige Nachkontrolle notwendig, da sich ein keimfähiger Samenvorrat (Samenbank) oder Wurzelteile im Boden befinden können.
Bekämpfungsmaßnahmen:
Einzelpflanzen
- Im Garten die Fruchtstände abschneiden, um eine Samenbildung zu verhindern.
- Nachwachsende Jungpflanzen ausreißen.
- Pflanzen mitsamt der Wurzel ausreißen oder aushacken.
Größere und Dominanzbestände
- Mahd vor der Samenreife.
Entsorgung
- Bei Transporten von biogenem Material sind ausschließlich geschlossene Systeme zu verwenden, um einer weiteren Verbreitung entgegen zu wirken.
- Mit keimfähigen Teilen belasteter Bodenaushub ist aus fachlicher Sicht auf eine behördlich genehmigte Deponie zu verbringen.
- Das Verbrennen von biogenen und nicht biogenen Materialien außerhalb von genehmigten Anlagen ist gemäß Bundesluftreinhaltegesetz idgF verboten!
Private Flächen
Nicht blühende Pflanzen
- Hausgartenkompostierung
- Biotonne
Blühende/Fruchtende Pflanzen
- Restmüll (sehr gut verpackt)
Öffentliche Flächen
- Beauftragung durch ein befugtes Entsorgungsunternehmen. Weitere Verwertung in einer genehmigten Kompostier- oder entsprechend genehmigten Biogasanlage.
Ausnahmen: Land- und Forstwirtschaft
Fallen invasive gebietsfremde Arten im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes an, dürfen sie im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.
Wissenswertes
Der in den Beeren enthaltene Farbstoff wurde zur kräftigeren Färbung des Rotweins eingesetzt. Diese Weinverfälschung ist in Frankreich unter Ludwig XIV per Todesstrafe untersagt worden. Als Heil- und Nahrungspflanze fand die Amerikanische Kermesbeere bei Indianern Eingang und wird bis heute auch in der Homöopathie verwendet.
Zur Bekämpfung von Schnecken sollen unreife und reife Beeren in Frage kommen. Sie werden entweder zerquetscht und gekocht auf die Ränder der Beete aufgebracht oder das Pulver von getrockneten, unreifen vermahlenen Beeren auf diese verstreut.
Verwechslungsmöglichkeit
Eine Verwechslung erfolgt oft mit der asiatischen Verwandten, deren Fruchtstände jedoch stehen und bei Reife gekammerte Früchte zeigen. Die dunklen, reifen Früchte der Amerikanischen Kermesbeere zeigen auch Ähnlichkeit mit den reifen Früchten der Brombeere.
Literaturauswahl
ESSL, F. & RABITSCH, W. (2002): Neobiota in Österreich. - Umweltbundesamt, Wien, 432pp.
GRIEBL, N. (2018): Gärtnern ohne invasive Pflanzen. Problempflanzen und ihre heimischen Alternativen. - Haupt Verlag, 256 pp.
KOWARIK, I. (2010): Biologische Invasionen. Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. - 2. Auflage, Ulmer Verlag, 492pp.
NEHRING, S., KOWARIK, I., RABITSCH, W. & ESSL, F. (2013): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen. BfN-Skripten 352: 1-202. https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/service/Dokumente/skripten/skript352.pdf (S 146-147).
WEBER, E. (2013): Invasive Pflanzen der Schweiz. - Haupt Verlag, 224 pp.
https://www.korina.info/
https://www.oewav.at/Downloads/Neophyten