Chinesische Wollhandkrabbe
(Eriocheir sinensis)
Erkennungsmerkmale
Die Wollhandkrabbe wird 8 bis 10 cm breit. Männchen haben eine dichte Behaarung an den Scheren von der sich der Name ableitet. Der Rückenpanzer ist hell- oder dunkelbraun, am Rand befinden sich feine Zähnchen.
Status in Österreich
V | T | S | K | Stmk | O | N | W | B |
EF | - | EF | - | - | EF | EF | EF | - |
E = etabliert, C = unbeständig, EF = Einzelfund, UN = unbekannt, EX = erloschen, AG = ausgerottet |
Der erste Nachweis in Österreich erfolgte 2002, die vereinzelten weiteren Nachweise stammen aus Salzburg (St. Peter Teiche), Oberösterreich (Linz), Niederösterreich (Fischamend) und Wien. Aus Vorarlberg (Bodensee) wurden ebenfalls Funde gemeldet, der letzte im Jahr 2012.
Verbreitung in Europa
Die Wollhandkrabbe wurde vermutlich unabsichtlich im Ballastwasser von Schiffen Anfang des 20. Jahrhunderts nach Europa verschleppt, wo sie sich zunächst stark ausgebreitet hat. Nach den 1930er-Jahren erfolgte ein Rückgang, die Bestände scheinen aktuell aber wieder zuzunehmen.
Biologie und Ökologie
Die Wollhandkrabbe benötigt zur Fortpflanzung und Larvenentwicklung Brack- oder Salzwasser, die Vorkommen in Österreich sind daher ausschließlich unbeständig und eine dauerhafte Etablierung wahrscheinlich auszuschließen. Wollhandkrabben bevorzugen größere Fließgewässer, können aber auch in Stillgewässern überleben. Im Uferbereich leben sie in selbstgegrabenen Wohnröhren. Sie sind Allesfresser. Weibchen legen bis zu eine Million Eier, nach 2 Jahren ist die Geschlechtsreife erreicht, die erwachsenen Tiere leben im Süßwasser. Zur Eiablage wandern die Tiere über große Strecken im Wasser und an Land.
Negative ökologische Auswirkungen
Aufgrund der seltenen Einzelnachweise sind bedeutende negative naturschutzfachliche Auswirkungen in Österreich derzeit nicht zu erwarten. Die Art kann die Krebspest zwischen Gewässersystemen verschleppen. Bei Massenauftreten ist die Wollhandkrabbe ein Nahrungskonkurrent für heimische Arten. Sie ist ein Allesfresser und kann negative Auswirkungen auf Muscheln und Fische (besonders Fischeier) haben.
Negative ökonomische Auswirkungen
Die Krabben beschädigen Fischnetze und fressen Köder oder bereits gefangene Fische. Durch ihre grabende Tätigkeit werden die Ufer destabilisiert und Wasserrohre verstopft. Auch Uferbauten und Dämme können durch massenhaftes Graben von Hohlgängen in Mitleidenschaft gezogen werden.
Positive ökonomische Auswirkungen
In der chinesischen Küche gelten Wollhandkrabben als eine begehrte Delikatesse. In Mitteleuropa hat sich die Krabbe kulinarisch noch nicht flächendeckend durchgesetzt, es gibt aber asiatische Restaurants, die von Fischern mit Wollhandkrabben beliefert werden. Da diese Art in manchen Ländern zum Teil massenhaft auftretenden wäre diese Nutzung sehr sinnvoll.
Negative gesundheitliche Auswirkungen
Die Krabbe ist Zwischenwirt für einen Lungentrematoden, der beim Verzehr ungekochter Krabben übertragen werden könnte.
Managementmaßnahmen
Ziele der Maßnahmen
Aufgrund der ungeeigneten Umweltbedingungen ist derzeit nicht mit einer Etablierung der Art in Österreich zu rechnen. Es besteht kein unmittelbarer Handlungsbedarf für Bekämpfungsmaßnahmen. Die kontinuierliche Entnahme der Einzeltiere im Rahmen anderer Aktivitäten, z.B. durch die Berufs- und Angelfischerei, erscheint ausreichend. Eine gezielte Überwachung an Invasions-Hotspots ist sinnvoll.
Allgemeine Aspekte
Die Entnahme von Krabben unterliegt in den meisten Bundesländern dem Fischereirecht, es sind keine Schonzeiten festgelegt (so auch nicht in der Steiermark). Eine Harmonisierung der gesetzlichen Bestimmungen ist anzustreben und kann gegebenenfalls legistische Anpassungen notwendig machen. Maßnahmen an und in Gewässern sind mit den Fischereiberechtigten bzw. Bewirtschaftern abzustimmen. Gefangene Krabben können den rechtlichen Vorgaben entsprechend genutzt oder getötet und fachgerecht entsorgt werden. Eine verordnungskonforme Tierhaltung wird nicht empfohlen.
Lebendfang
Die wenigen bisherigen Nachweise erfolgten überwiegend durch Berufsfischer mittels Netzen (Trappnetze, Daubelnetze). Möglicherweise wurde die Art bereits öfter beobachtet, aber nicht gemeldet. Es wird empfohlen im Rahmen der Berufs- und Angelfischerei gefangene Tiere zu entnehmen und die Nachweise an die zuständige Landesbehörde zu melden.
Darüber hinaus können die Tiere mit der Hand, mit Angeln, Fangkörben, Reusen und PVC-Röhren als künstliche Höhlen entlang des Gewässers gefangen oder unter Steinen und in ihren Wohnhöhlen abgesammelt werden. Beifänge von Nicht-Zielarten sind möglich, daher müssen Fangeinrichtungen regelmäßig kontrolliert werden. Bei Massenentwicklungen können die Krabben während der Migrationsphasen mittels Barrieren und Leitsystemen auch an Land in Fallgruben geleitet werden.
Kommerzielle Nutzung
Die Nutzung als Tierfutter bzw. in der Gastronomie im privaten Bereich ist prinzipiell möglich und erwünscht. Der kommerzielle Fang und Verkauf der Tiere ist nur in Regionen mit regelmäßigen Massenentwicklungen lohnend und für Österreich nicht relevant.
Andere Maßnahmen
Ökosperren in Kanälen verhindern die Wanderbewegungen der Tiere im Wasser. Das Ballastwasser von Schiffen kann chemisch, thermisch oder mit UV-Licht behandelt werden. Schiffsrümpfe und Kühlwasserfilteranlagen sind regelmäßig zu reinigen. Die genannten Maßnahmen sind für Österreich aufgrund der geringen Nachweiszahlen der Wollhandkrabbe nicht erforderlich, zudem sind Nebeneffekte auf Nicht-Zielarten anzunehmen.
Öffentlichkeitsarbeit
Aufklärung bei Berufs- und Angelfischern bezüglich der Entnahme und Meldung der Art sowie gegebenenfalls der Nutzung als Tierfutter oder in der Gastronomie.
Forschung und Überwachung
Die Überwachung der Vorkommen der Art ist notwendig, um allfällige Bestandszunahmen frühzeitig zu erkennen, insbesondere an Invasions-Hotspots (z. B. Hafenanlagen) im Bodensee und in der Donau.
Weitere Informationen
Wie alle Krebse muss sich die Wollhandkrabbe zum Wachsen häuten. Bis der neue Panzer ausgehärtet ist, ist dieser sehr weich und bietet dem Tier keinen Schutz. In diesem Stadium ist die Wollhandkrabbe ein ausgezeichneter Angelköder.
Literatur
BENDTFELDT. L. (o. J.): Handlungsempfehlung zum Umgang mit Neobioten dargestellt am Beispiel der
Wollhandkrabbe. Facharbeit, 10 S.
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GARCIA-DE-LOMAS, J. et al. (2010): Management of the Chinese mitten crab, Eriocheir sinensis (H. Milne Edwards, 1853) in the Guadalquivir Estuary (Southern Spain). Aquatic Invasions 5: 323 - 330.
KELLY, J. & MAGUIRE, C.M. (2009): Chinese Mitten Crab (Eriocheir sinensis) invasive species Action Plan. Prepared for NIEA and NPWS as part of Invasive Species Ireland. 16 S.
SCHEIBNER, C. et al. (2015): Naturschutzfachliche Managementempfehlungen. Eriocheir sinensis - Chinesische Wollhandkrabbe. In: BfN (Hrsg.) Management-Handbuch zum Umgang mit gebietsfremden Arten in Deutschland. Band 2: Wirbellose Tiere und Wirbeltiere. Naturschutz und Biologische Vielfalt 141(2): 169 - 176.