Marmorkrebs
(Procambarus fallax f. virginalis)
Familie und Herkunft
Cambaridae, die Ursprungsart Procambarus fallax stammt aus Nordamerika (Florida).
Erkennungsmerkmale
Der Marmorkrebs wird 10 bis 15 cm groß. Der Körper besitzt eine marmorierte, fleckenartige Zeichnung. Der Scheren sind klein. Obwohl die Nachkommen aufgrund der Vermehrungsweise genetisch identisch sind (vgl. Biologie und Ökologie), unterscheiden sie sich phänotypisch und haben eine individuelle Musterung.
Status in Österreich
V | T | S | K | Stmk | O | N | W | B |
- | - | E | - | - | - | - | - | - |
E = etabliert, C = unbeständig, EF = Einzelfund, UN = unbekannt, EX = erloschen, AG = ausgerottet |
In Österreich wurde die Art erstmals 2018 in Salzburg (Karlsbader Weiher) festgestellt. Eine Beseitigung war bislang nicht möglich.
Verbreitung in Europa
In Europa wurden bislang Nachweise aus den Niederlanden, Deutschland, Italien, der Slowakei, Ungarn und der Ukraine bekannt. Außerhalb Europas sind Vorkommen aus Madagaskar und Japan dokumentiert.
Biologie und Ökologie
Marmorkrebse besiedeln sowohl fließende und stehende Gewässer. Bei feuchter Witterung können sie auch längere Strecken über Land zurücklegen. Der Marmorkrebs ist ein Allesfresser und besitzt eine hohe Vermehrungsrate. Der bei uns vorkommende Marmorkrebs Procambarus fallax f. virginalis ist die aus Parthenogenese (Jungfernzeugung) hervorgegangene Form der Ursprungsart (Procambarus fallax), welche sich getrenntgeschlechtlich vermehrt. Procambarus fallax f. virginalis vermehrt sich als einziger derzeit bekannter Flusskrebs durch Parthenogenese, Männchen sind unbekannt. Die parthenogenetische forma virginalis wurde in den 1990er-Jahren im Aquarienhandel entdeckt. Die eingeschlechtliche Vermehrungsmöglichkeit bietet ein hohes Verbreitungspotential für eine invasive gebietsfremde Art.
Negative ökologische Auswirkungen
Wie alle nordamerikanischen Flusskrebse überträgt die Art den Erreger der Krebspest, den Eipilz Aphanomyces astaci, gegen den heimische Flusskrebsarten keine Abwehrmechanismen besitzen. Ob auch Nahrungs- und Lebensraumkonkurrenz mit heimischen Flusskrebsarten oder anderen Organismen (z. B. Amphibien) oder negative Auswirkungen auf Wasserpflanzen bestehen, ist unbekannt. Flusskrebse dienen auch als Reservoirwirte und Ausbreitungsvektoren für den Chytridpilz, der Amphibien befällt.
Negative ökonomische Auswirkungen
Die Krebspest vermindert oder verhindert die Teichbewirtschaftung mit heimischen Flusskrebsarten.
Positive ökonomische Auswirkungen
Der kommerzielle Fang und Verkauf der Tiere als Tierfutter bzw. in der Gastronomie ist für diese in der Aquaristik relevante Art möglich aber nicht lohnend.
Negative gesundheitliche Auswirkungen
Es sind keine Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit bekannt.
Managementmaßnahmen
Allgemeine Aspekte
Die Entnahme von Flusskrebsen unterliegt in den meisten Bundesländern dem Fischereirecht. Nicht heimische Flusskrebsarten haben in den meisten Bundesländern keine gesetzliche Schonzeit. Gemäß der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 11. Dezember 2000 über die Schonzeiten und Mindestfanglängen von Wassertieren hat der Marmorkrebs in der Steiermark keine Schonzeit. Maßnahmen an und in Gewässern sind mit den mit den Fischereiberechtigten bzw. Bewirtschaftern abzustimmen. Gefangene Flusskrebse können den rechtlichen Vorgaben entsprechend genutzt oder getötet und fachgerecht entsorgt werden.
Lebendfang
Der Einsatz von Lebendfallen an stehenden und langsam fließenden Gewässern bekannter Vorkommen ist die am häufigsten angewandte Fangmethode. Beköderte Krebsteller (oben offene Drahtkörbe ohne Reusenfunktion) werden an einem geeigneten Platz ins Wasser gelassen und kurz darauf mit den gefangenen Tieren vorsichtig aus dem Wasser genommen. Krebsreusen (Korb-, Netz- oder Drahtgeflechte mit meist trichterförmigem Eingang durch den die Tiere nicht wieder entkommen können) werden meist über Nacht ausgelegt und am nächsten Morgen entnommen. Reusen können in unterschiedlicher Weise modifiziert werden, um die Effektivität zu erhöhen (z. B. Köder, Größe des Eingangs, Leitnetze bzw. Leitstrukturen zum Eingang). Lebendfallen sind nicht selektiv und Auswirkungen auf Nichtzielarten möglich, bei regelmäßigen Kontrollen der Fallen aber gering. Auch durch aufwändiges, händisches Absammeln können Tiere entnommen werden. Lebendfallen sind in jedem Fall über einen längeren Zeitraum einzusetzen und können in der Folge auch dazu dienen, den Erfolg der Maßnahmen zu überwachen.
Temporäre Trockenlegung von Stillgewässern
Das Ablassen von kleineren Gewässern erleichtert die Entnahme der Tiere. Die Trockenlegung sollte über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben, da die nachtaktive Art trockenere Perioden in selbstgegrabenen Erdhöhlen überdauert. Die Auswirkungen auf Nicht-Zielarten sind groß. Diese Maßnahme ist nur in besonders begründeten Einzelfällen nach sorgfältiger Abklärung durch eine Fachkraft und bei Vorliegen der erforderlichen behördlichen Bewilligungen vertretbar. Durch den Aufbau von Barrieren (ähnlich einem Amphibienzaun) kann eine Abwanderung der Tiere aus dem Gewässer während der Durchführung der Maßnahme verhindert werden. Dieser anpassungsfähige Allesfresser ist sehr tolerant gegenüber niedrige Sauerstoffgehalte und anaerobe Bedingungen im Gewässer. Eine Wiederbesiedlung aus der Umgebung muss ausgeschlossen werden.
Elektrofischen
Flusskrebse reagieren auf das produzierte Stromfeld, häufig werfen die Tiere dabei (als Folge der Muskelkontraktionen) die Scheren ab. Während die bewilligungspflichtige Methode zum Nachweis der Tiere geeignet erscheint, ist sie als Managementmaßnahme weniger gut geeignet. Zudem ist die Methode in tiefen oder turbulenten Gewässern sowie bei ausreichend Versteckmöglichkeiten und auch für Jungtiere weniger effizient und wird hier nicht empfohlen.
Einsatz von Krebssperren
Die Isolation oder Abgrenzung von Vorkommen gebietsfremder Flusskrebse kann eine Ausbreitung und Besiedlung neuer Lebensräume verhindern, muss aber in Einklang mit der Aufrechterhaltung der ökologischen Kontinuität des Gewässers gebracht werden. Man unterscheidet zwischen Vollsperren und fischpassierbaren Krebssperren. Fischpassierbare Sperren sind Verengungen des Abflussquerabschnitts, die aus einer glatten Oberfläche (z. B. Edelstahl) bestehen. In Kombination mit der dadurch erzeugten hohen Strömungsgeschwindigkeit können Krebse diese Gewässerabschnitte nicht überklettern und überschwimmen. Der Einsatz dieser Sperren ist vor allem an Bauwerken sinnvoll, wo die Abflussmenge regelbar und konstant ist. Der Aufbau auf bestehenden Strukturen ist kostengünstiger. Vollsperren verhindern das Passieren aller Organismen mit möglichen negativen Auswirkungen auf Nicht-Zielarten (Fische, evtl. Makrozoobenthos). Vertikale, evtl. oben überhängende Strukturen aus glattem Material, ab ca. 30 cm Höhe, können von Krebsen (und auch von den meisten anderen Arten) nicht passiert bzw. überklettert werden. Wanderungen über Land entlang der Gewässer können durch den Einsatz von Leitkonstruktionen oder Barrieren, die die Tiere wieder in das Unterwasser der Sperren zurückleiten, verhindert werden. Es wird empfohlen, zwei Sperren hintereinander zu platzieren. Eine regelmäßige Wartung und Kontrolle der Funktionalität der Sperren ist dringend empfohlen.
Pufferzonen
Die Erhaltung von Krebspestfreien „Quarantänezonen" zwischen bekannten Vorkommen heimischer und gebietsfremder Arten durch einzelne oder mehrere der Maßnahmen könnte bei kleineren Gewässern in einzelnen Fällen möglich und sinnvoll sein.
Forschung und Überwachung
Die Überwachung der Vorkommen in Salzburg in der Umgebung der bekannten Vorkommen im Karlsbader Weiher ist erforderlich. Die Entwicklung und Optimierung von eDNA-Methoden zur Identifikation von Vorkommen in Gewässern sollte generell vorangetrieben werden.
Öffentlichkeitsarbeit
Maßnahmen zur Aufklärung der Folgen einer (un-)absichtlichen Ausbringung in die Natur auf lokaler und regionaler Ebene sind von größter Bedeutung. Diese Maßnahmen betreffen insbesondere relevante Nutzergruppen (Aquaristik, Gewässerbewirtschaftung) und gelten gleichermaßen für alle aus Nordamerika eingeführten Flusskrebsarten.
Literatur
CHUCHOLLl, C. & Dümpelmann, C. (2017): Erstellung einer Expertise zu Krebssperren und alternativen Schutzmaßnahmen für den Steinkrebs. Sondergutachten 2017. Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie, Gießen: 40 S.
FRINGS, R.M. et al. (2013): A fish-passable barrier to stop the invasion of non-indigenous crayfish. Biol. Conserv. 159: 521 - 529.
STUCKI, P. & Zaugg, B. (2011): Aktionsplan Flusskrebse Schweiz. Artenförderung von Edelkrebs, Dohlenkrebs und Steinkrebs. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Vollzug Nr. 1104: 61 S.
VAESZEN, S. (2010): Untersuchungen zur Überwindbarkeit von fischpassierbaren Barrieren durch Signalkrebse. Hausarbeit, Technische Hochschule Aachen: 102 S.