Nilgans
(Alopochen aegyptiacus)
Familie und Herkunft
Entenvögel (Anatidae
Afrika, hauptsächlich in Zentral- und Südafrika anzutreffen.
Erkennungsmerkmale
Die Nilgans ist 65 - 75 cm groß. Abgesehen davon, dass das Männchen geringfügig größer ist, gibt es keine wesentlichen Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern. Die typische Zeichnung sowie der Augen- und Brustfleck sind nach vier bis fünf Monaten ausgebildet. Der Schnabel ist blassrot bis tiefrot gefärbt.
Status in Österreich
V | T | S | K | Stmk | O | N | W | B |
E | EF | EF | EF | EF | E | E | - | EF |
E = etabliert, C = unbeständig, EF = Einzelfund, UN = unbekannt, EX = erloschen, AG = ausgerottet |
Für die aus Afrika stammende Nilgans liegen, mit Ausnahme von Wien, aus allen Bundesländern Nachweise vor. Am häufigsten wird sie aus Vorarlberg und Oberösterreich gemeldet. In Vorarlberg wurde im Jahr 2013 der erste Brutnachweis in Österreich dokumentiert. Wahrscheinlich handelt es sich bei den Tieren sowohl um eingeflogene Individuen aus etablierten europäischen Populationen als auch um Gefangenschaftsflüchtlinge aus privaten Tierhaltungen. In tieferen Lagen kommt die Art regelmäßig vor.
Verbreitung in Europa
In der EU gilt die Art in 8 Staaten als etabliert, mit einem Schwerpunkt in Nord- und Westeuropa (Belgien, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Niederlande, Polen, Schweden) und in Zypern.
Auswirkungen des Klimawandels
Durch die Klimaerwärmung möglicherweise begünstigt, muss in den nächsten Jahren mit einer weiteren Ausbreitung in Österreich gerechnet werden.
Biologie und Ökologie
Die Nilgans ist im ganzen afrikanischen Kontinent südlich der Sahara anzutreffen. Dort besiedelt sie außer kleineren und schnellfließenden Bächen nahezu jeden Gewässertyp bis zu fast 4.000 m Seehöhe. Sie vermeidet dicht bewaldete Flächen und bevorzugt zur Nahrungsaufnahme Wiesen, Weide- und Ackerflächen in der Nähe von Gewässern. Nilgänse sind während der Brutzeit streng territorial und dulden keine anderen (Enten-) Vögel in ihrem Revier. Die Nester werden am Boden oder auf Bäumen angelegt. In Europa nehmen Nilgänse gerne Greifvogelhorste oder Krähennester an.
Negative ökologische Auswirkungen
Die Nilgans gilt als aggressive und territoriale Art, die dominant gegenüber anderen Vogelarten auftritt und diese von Nahrung, Nistplätzen (z. B. Storchen- und Greifvogelhorste) oder Rückzugsgebieten verdrängt. Ob tatsächlich erhebliche negative Auswirkungen bestehen, ist umstritten.
Negative ökonomische Auswirkungen
Zerstörung von Weide- und Grünland durch Fraß, mechanische Schäden und Verschmutzung durch Kot. Auch Golfanlagen und Parks sind davon betroffen. Von Vorkommen, die sich in der Nähe von Geflügelzuchtbetrieben befinden, geht ein erhöhtes Risiko für Übertragung von Krankheiten, wie z. B. die Vogelgrippe, aus.
Positive ökonomische Auswirkungen
Die Nilgans wird in Tiergärten und auch privat gehalten. In Regionen, wo die Art noch selten vorkommt, wird sie als Attraktion gesehen. Die positiven Auswirkungen auf den Tourismus halten sich aber in Grenzen. In Großbritannien, Belgien und Deutschland wird die Nilgans bejagt. Im Jagdjahr 2012 wurden in Deutschland bereits fast 11.000 Nilgänse erlegt.
Negative gesundheitliche Auswirkungen
Der Kot der Vögel kann Krankheitserreger enthalten. Eine Übertragung auf den Menschen ist in Siedlungs- und Erholungsgebieten in Gewässernähe möglich, wenngleich wenig wahrscheinlich. Die Verschmutzung von Verkehrswegen oder von Erholungsgebieten in Gewässernähe durch Kot der Vögel kann auf den Menschen störend wirken.
Managementmaßnahmen
Ziele der Maßnahmen
Obwohl die Art erst am Beginn der Etablierung und Ausbreitung in Österreich steht, und die Bestandsdichten noch gering sind, ist eine vollständige Beseitigung wahrscheinlich nicht mehr möglich. Das Ziel der Maßnahmen sollte es sein, die Populationen einzudämmen und eine weitere Ausbreitung zu verlangsamen bzw. wenn möglich zu verhindern.
Allgemeine Aspekte
Ob die Nilgans als „Wildgans" den Landesjagdgesetzen unterliegt oder nicht, ist für jedes Bundesland zu klären. Eine Anpassung und Vereinheitlichung der Landesjagdgesetze bzw. anderer relevanter Gesetzesmaterien, um einen Abschuss zu ermöglichen, wäre gegebenenfalls zu prüfen.
Lebend gefangene Tiere müssen den rechtlichen Vorgaben entsprechend getötet werden. Getötete Tiere können auch einer gastronomischen Verwertung zugeführt werden. Eine verordnungskonforme Tierhaltung wird nicht empfohlen.
Systemischer Abschuss
Der gezielte Abschuss ist die effizienteste Maßnahme zur Verhinderung der Etablierung und weiteren Ausbreitung der Art. Abschüsse sollten nur von vogelkundlich versierten Personen erfolgen, um Verwechslungen und Fehlabschüsse zu vermeiden. Die Störung anderer Vögel in den Lebensräumen ist bei Durchführung der Maßnahme möglichst gering zu halten. Alle Jagdausübungsberechtigten haben alle in ihrem Revier erlegten Nilgänse (inkl. Fallwild) bis spätestens Ende des Jagdjahres (31.03.) beim Landesjagdamt zu melden (Formular Niederwildmeldung). Dieses hat alle Meldungen von invasiven Tieren - nach Arten zusammengefasst - schriftlich an das Amt der Steiermärkischen Landesregierung Abt. 10 (Landesforstdirektion) binnen 4 Wochen zu übermitteln. Hier erfolgt die Aufarbeitung der Daten (Verbreitungskarten) und die Weiterleitung an den Bund für die ordnungsgemäße Meldung nach Brüssel.
Eingriff ins Gelege
Das Anstechen der Eier im Gelege (um eine neue Brut im selben Jahr zu verhindern, sollten die Eier danach nicht aus den Nestern entfernt werden) sowie das Entfernen der Nester reduziert den Bruterfolg. Allerdings werden die Nester sowohl am Boden, in Baumhöhlen und auf Bäumen bzw. im dichten Gebüsch angelegt und sind schwer erreichbar. Eingriffe in Gelege bzw. Nester unterliegen den Bestimmungen der Landesjagd- und Naturschutzgesetze. Eine Anpassung und der Verzicht auf Schonzeiten sind gegebenenfalls anzustreben.
Lebendfang
Der Lebendfang einzelner Tiere bzw. kleinerer, territorialer Gruppen wurde in Belgien mittels verschiedener Methoden getestet. Am erfolgreichsten erwiesen sich so genannte „Larsen traps", bei denen Tiere durch Lockvögel in Drahtkäfigfallen angelockt werden. Die Fallen können zusätzlich beködert werden. Aufgrund der möglichen Beifänge von Nicht-Zielarten sind tägliche Kontrollen der Fallen erforderlich und dementsprechend zeit- und kostenintensiv. Andere Fallentypen und Fangnetze haben sich als weniger effizient erwiesen.
Forschung und Überwachung
Die Ausbreitung und der Fortpflanzungserfolg in Österreich sollten überwacht werden. Studien zu den Auswirkungen auf die Biodiversität sollten durchgeführt werden.
Öffentlichkeitsarbeit
Maßnahmen zur Aufklärung der Folgen einer Ausbringung in die Natur auf lokaler und regionaler Ebene sind von großer Bedeutung. Diese Maßnahmen betreffen insbesondere relevante Nutzergruppen (Ziervogelhalter und -züchter).
Literatur
Huysentruyt, F. et al. (2014): Catching invasive Egyptian geese (Alopochen aegyptiacus): evaluation of the optimal deployment season for a floating Larsen trap.
IUCN (2017): Information on non-lethal measures to eradicate or manage vertebrates included on the Union list. Technical note prepared by IUCN for the European Commission. https://circabc.europa.eu/sd/a/518231a9-abdd-47b1-b455-9d78a7e98f0e/Non-lethal%20measures.pdf
Strubbe, D. (2017): Information on measures and related costs in relation to species included on the Union list: Alopochen aegyptiaca. Technical note prepared by IUCN for the European Commission: 20 S. https://circabc.europa.eu/sd/a/71b7fd4a-bcb3-47b8-8969-61dbd5cc0acb/TSSR-2016-003%20Alopochen%20aegyptiaca.pdf