Essigbaum, Hirschkolbensumach
(Rhus typhina (Thunb.) Steud.)
Einfuhr- und Einschleppungswege
Der Essigbaum wurde in der 1. Hälfte des 17. Jhdts als Zierpflanze nach Mitteleuropa eingeführt.
Ausbreitungswege
Handel, Materialtransporte sowie (Boden)aushub, Fahrzeuge, Vögel, unsachgemäße Entsorgung.
Erkennungsmerkmale
Der sommergrüne, sparrig verzweigte Laubbaum wird bis zu 6 (10) m hoch, kann jedoch auch strauchförmig ausgebildet sein. Die Borke älterer Stämme ist grau und rissig. Die jungen Triebe sind dicht braunfilzig behaart. Die unpaarig gefiederten Blätter mit zahlreichen Blättchen verfärben sich im Herbst gelb-orange bis rot. Die grünlichen Blüten, von Juni bis Juli, bilden einen dichten aufrechtstehenden Blütenstand (Rispen). Der kolbenartige Fruchtstand trägt zahlreiche, leuchtend rote, behaarte, kugelige Früchte. Die Art ist zweihäusig und trägt daher nur männliche oder weibliche Blüten.
Auswirkungen des Klimawandels
Der Essigbaum ist sehr kälteresistent und trockentolerant. Es ist daher zu erwarten, dass er künftig weitere Areale besiedeln wird.
Biologie und Ökologie
Die Art ist sehr anspruchslos bezüglich ihres Standortes. Schatten, Nässe und saure Böden verträgt sie nicht gut. Verwildert findet man sie z.B. entlang von Bahndämmen, an Straßenböschungen und -rändern, auf Uferböschungen und Bracheflächen. Der Essigbaum ist mit bis zu 40 Jahren sehr kurzlebig. Die roten Früchte werden von Vögeln gerne gefressen und durch deren Ausscheidungen weit verbreitet. Der Essigbaum vermehrt sich auch vegetativ über weit kriechende Wurzelausläufer (Rhizome). Die zahlreichen Schösslinge bilden rasch ein dichtes Gebüsch aus.
Negative ökologische Auswirkungen
Durch die Wurzelschösslinge kann der Essigbaum rasch große Dominanzbestände bilden, die das Wachstum anderer Arten behindern und lichtliebende Arten verdrängen. Er zeigt auch allelopathische Effekte. Dabei handelt es sich um pflanzeneigene chemische Stoffe, die das Wachstum anderer Pflanzen unterbinden oder behindern.
Negative ökonomische Auswirkungen
Dieser Baum ist ein Flachwurzler und daher kann es bei Unterspülungen des Wurzelsystems zu flächigen Uferanbrüchen kommen.
Positive ökonomische Auswirkungen
Als beliebte Zierpflanze, auch wegen seiner prächtigen Färbung im Herbst, wird der Essigbaum im Garten- und Landschaftsbau verwendet.
Negative gesundheitliche Auswirkungen
Alle Teile der Pflanze bis auf die Blüten sind schwach giftig. Der Milchsaft kann Hautreizungen und wenn er in die Augen gelangt, Entzündungen hervorrufen. Die Blüten enthalten nur äußerst geringe Mengen toxischer Bestandteile, die keine Beschwerden auslösen.
Managementmaßnahmen
Ziele der Maßnahmen:
Die Entstehung neuer Bestände verhindern und bestehende in ihrer Ausbreitung hemmen.
- Öffentlichkeitsarbeit.
- Verhinderung der (un)absichtlichen Ausbreitung.
- Vermeidung offener Böden.
- Unbelastete nicht mit belasteten Böden mischen.
- Gründliche Reinigung benutzter Geräte, Fahrzeuge, Kleidung und Schuhwerk.
- Nach jeder Bekämpfung ist eine mehrjährige Nachkontrolle notwendig, da meist noch Teile der Rhizome im Boden verblieben sind.
Bekämpfungsmaßnahmen:
- Die Bekämpfung gestaltet sich schwierig, weil gefällte Bäume mit der Bildung zahlreicher Stockausschläge reagieren. Eine effiziente Maßnahme, um den Baum zu entfernen, ist die Fällung und Rodung sowie die gesamte Entfernung des Wurzelballens mit all seinen Ausläufern.
- Erfolgversprechend ist auch das teilweise Ringeln im Spätsommer bevor der Essigbaum seine Nährstoffe aus den Blättern in die Wurzeln einlagert. Dazu schneidet man einen Rindenstreifen im unteren Bereich des Baumes von 5 - 10 cm bis auf das Kernholz und belässt einen Steg mit ca. 10 % des Baumdurchmessers als Restbrücke. So wird der Saftstrom Großteils unterbrochen und der Transport der Assimilate zu den Wurzeln, bis auf den Steg, gestoppt. Durch das Vorhandensein dieses Steges reagiert der Baum nicht mit Angsttrieben und kaum oder keinen Stockausschlägen. Im Folgejahr Entfernung des Steges inklusive des Kallus. Nach 1 - 2 Jahren ist der Baum abgestorben und kann gefällt werden. Die Nachbehandlung von allfälligen Stockausschlägen ist notwendig.
- Einzelpflanzen oder kleine Bestände können auch ausgerissen werden.
Entsorgung
- Bei Transporten von biogenem Material sind ausschließlich geschlossene Systeme zu verwenden, um einer weiteren Verbreitung entgegen zu wirken.
- Mit keimfähigen Teilen belasteter Bodenaushub ist aus fachlicher Sicht auf eine behördlich genehmigte Deponie zu verbringen.
- Das Verbrennen von biogenen und nicht biogenen Materialien außerhalb von genehmigten Anlagen ist gemäß Bundesluftreinhaltegesetz idgF verboten!
Private Flächen
Nicht blühende Pflanzen (Teile)
- Hausgartenkompostierung
- Biotonne
- Thermische Verwertung
Blühende/Fruchtende Pflanzen (Teile)
- Restmüll (sehr gut verpackt)
Öffentliche Flächen
- Beauftragung durch ein befugtes Entsorgungsunternehmen. Weitere Verwertung in einem genehmigten Kompostier- oder entsprechend genehmigtem Biomasseheizwerk.
Ausnahmen: Land- und Forstwirtschaft
Fallen invasive gebietsfremde Arten im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes an, dürfen sie im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.
Wissenswertes
Der Name Hirschkolbensumach stammt von den braunen und filzig behaarten jungen Zweigen, sie erinnern an ein mit Bast bewachsenes Hirschgeweih. Das Holz des Essigbaums fluoresziert, es leuchtet unter UV- Licht neongelb. Die Indianer verwendeten den Essigbaum auch für medizinische Zwecke. Zur Blutstillung wurden die Wurzeln genutzt. Die Früchte halfen bei Lungenkrankheiten. Auch in der Homöopathie wird die Art als Arznei herangezogen. Zum Gerben von Stoffen verwendet man wegen seines hohen Gerbstoffgehaltes die Borke und Blätter. Der Essigbaum wurde speziell deswegen in einigen Ländern Europas angepflanzt. Die säuerlichen Früchte werden zur Essigherstellung verwendet, um die Säure zu verstärken.
Verwechslungsmöglichkeit
Der Essigbaum wird häufig mit dem Götterbaum (Ailanthus altissimus) verwechselt. Die jungen Zweige des Götterbaums sind jedoch nicht behaart, die Fiederblättchen sind im Gegensatz zu den gesägten Fiederblättchen des Essigbaumes ganzrandig und zeigen im Herbst nicht diese flammendrot-orange Färbung. Die Blätter und Blüten des Götterbaumes riechen sehr intensiv und unangenehm, außerdem enthält er keinen Milchsaft.
Literaturauswahl
ESSL, F. & RABITSCH, W. (2002): Neobiota in Österreich. - Umweltbundesamt, Wien, 432pp.
GRIEBL, N. (2018): Gärtnern ohne invasive Pflanzen. Problempflanzen und ihre heimischen Alternativen. - Haupt Verlag, 256 pp.
NEHRING, S., KOWARIK, I., RABITSCH, W. & ESSL, F. (2013): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen. BfN-Skripten 352: 1-202. https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/service/Dokumente/skripten/skript352.pdf (S 166-167).
STORL, W-D. (2014): Wandernde Pflanzen. - AT Verlag, 2. Auflage, 320 pp.
WEBER, E. (2013): Invasive Pflanzen der Schweiz. - Haupt Verlag, 224 pp.
https://www.korina.info/
https://www.infoflora.ch/de/assets/content/documents/neophyten/inva_rhus_typ_d.pdf
https://www.oewav.at/Downloads/Neophyten
https://neobiota.bfn.de/handbuch/gefaesspflanzen/rhus-hirta.html