Riesen Goldrute, Späte Goldrute
(Solidago gigantea Aiton)
Einfuhr- und Einschleppungswege
Die Art wurde nach der 1. Hälfte des 18. Jhdts. als Zier- und Nutzpflanze (Bienenweide) nach Europa eingeführt.
Ausbreitungswege
Handel, Imkerei, Materialtransporte sowie (Boden)aushub, Wind, Fahrzeuge, benutztes Gartenwerkzeug, unsachgemäße Entsorgung.
Erkennungsmerkmale
Die Riesen Goldrute ist eine mehrjährige, bis zu 2 m hohe Staude mit zahlreichen unterirdischen Wurzelsprossen (Rhizomen). Die Stängel sind im Gegensatz zur Kanadischen Goldrute, deren Stängel fein behaart und grün sind, kahl und oft bläulich bereift. Die lanzettförmigen Blätter sind auf der Unterseite (manchmal auf den Blattnerven, oftmals nur am Rand) behaart. Die gelben Blüten stehen in einem verzweigten, rispigen Blütenstand. Die Pflanze blüht von Juli bis September/Oktober. Die Samen sind mit einem flugfähigen Haarkranz (Pappus) versehen.
Auswirkungen des Klimawandels
Eine Förderung des Invasionsrisikos durch den Klimawandel wird angenommen, da die Pflanze große Trockenheits- und Hitzetoleranz besitzt.
Biologie und Ökologie
Die Riesen Goldrute ist sehr licht- und wärmebedürftig. Ihre Standorte können trocken bis feucht und nährstoffreich bis nährstoffarm sein, längere Überflutungen werden nicht toleriert. Sie kann feuchtere Standorte ertragen als ihre kanadische Verwandte. Die Art gedeiht besonders auf von Menschen veränderten Standorten wie z.B. (industriellen) Bracheflächen, Ruderalstandorten, Straßen- und Bahnböschungen sowie Äckern, jedoch werden auch Wiesen, Flussufer und Auen stark besiedelt. Die Verbreitung erfolgt sowohl durch zahlreiche Samen (bis zu 19.000 pro Pflanze), die sehr leicht sind und daher vom Wind vertragen werden, als auch vegetativ durch ihr stark verzweigtes, filziges Wurzelsystem, aus dem sich neue Pflanzen bilden. Die Art ist sehr konkurrenzstark und einmal etabliert, ist sie lange vorherrschend, denn durch pflanzeneigene, chemische Stoffe, die das Wachstum anderer Pflanzen unterbinden (Allelopathie), verhindert sie Konkurrenz um Nährstoffe, Licht und Wasser. Dieser Effekt hält auch noch an, wenn die Goldrute ausgerissen wurde. Andere Pflanzen an diesen Standorten verkümmern oder wachsen nur sehr langsam.
Negative ökologische Auswirkungen
Durch zahlreiche Rhizome (bis zu 300 pro m²) können sich Dominanzbestände bilden, die zur Verarmung und Verdrängung der pflanzlichen und tierischen Artenvielfalt führen können. Dies ist vor allem beim Einwandern in Magerrasen, Streuwiesen und nährstoffarme Bahnbrachen, auf denen lichtliebende und seltene Arten wachsen, problematisch.
Negative ökonomische Auswirkungen
Dichte Goldrutenbestände können das Aufkommen von forstlichen Jungpflanzen erschweren.
Positive ökonomische Auswirkungen
Die Art ist eine sehr beliebte Gartenpflanze, die im Handel angeboten wird. Auch Imker schätzen sie sehr, da sie viele Bienen in einer bereits blüharmen Zeit anlockt.
Managementmaßnahmen
Ziele der Maßnahmen:
Die Entstehung neuer Bestände verhindern und bestehende in ihrer Ausbreitung hemmen.
- Öffentlichkeitsarbeit.
- Verhinderung der (un)absichtlichen Ausbreitung.
- Nach den durchgeführten Maßnahmen darf der Boden keinesfalls offenbleiben. Es ist für eine Begrünung mit standortgerechtem Saatgut oder auch mit einer Bepflanzung mit heimischen Gehölzen zu sorgen.
- Unbelastete nicht mit belasteten Böden mischen.
- Nach jeder Bekämpfung ist eine mehrjährige Nachkontrolle notwendig, da sich ein keimfähiger Samenvorrat (Samenbank) und meist noch Rhizomstücke im Boden befinden.
- Gründliche Reinigung benutzter Geräte, Fahrzeuge, Kleidung und Schuhwerk.
- Die Pflanzen müssen von der Fläche abtransportiert und fachgerecht entsorgt werden, bleiben sie liegen, können ihre Rhizome wieder anwachsen.
Bekämpfungsmaßnahmen:
Einzelne Pflanzen und kleine Bestände
- Ausreißen und möglichst alle Rhizome entfernen.
Dominanzbestände
- Mahd 2x im Jahr (im Mai und vor der Blüte) möglichst nahe über dem Boden.
- Mulchen.
- Schlegeln.
- Beweidung mit Rindern.
- Bodenaustausch auf großen Flächen.
Fazit: Es erfordert viel Geduld und Zeit erfolgreiche Maßnahmen gegen die Riesen Goldrute in Schutzgebieten oder naturschutzfachlich hochwertigen Lebensräumen zu setzen, da die Bestände sehr regenerationsfähig sind. Neuansiedlungen müssen langfristig unterbunden werden, denn sonst sind bereits durchgeführte Maßnahmen Verschwendung von personellen und finanziellen Ressourcen.
Entsorgung
- Bei Transporten von biogenem Material sind ausschließlich geschlossene Systeme zu verwenden, um einer weiteren Verbreitung entgegen zu wirken.
- Mit keimfähigen Teilen belasteter Bodenaushub ist aus fachlicher Sicht auf eine behördlich genehmigte Deponie zu verbringen.
Das Verbrennen von biogenen und nicht biogenen Materialien außerhalb von genehmigten Anlagen ist gemäß Bundesluftreinhaltegesetz idgF verboten!
Private Flächen
Nicht blühende Pflanzen
- Hausgartenkompostierung
- Biotonne
Blühende/Fruchtende Pflanzen
- Restmüll (sehr gut verpackt)
Öffentliche Flächen
- Beauftragung durch ein befugtes Entsorgungsunternehmen
Weitere Verwertung in einer genehmigten Kompostier- oder entsprechend genehmigten Biogasanlage.
Ausnahmen: Land- und Forstwirtschaft
Fallen invasive gebietsfremde Arten im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes an, dürfen sie im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.
Wissenswertes
In Amerika gibt es über 100 Goldruten-Arten. Bereits die Indianer verwendeten die Riesengoldrute als Heilpflanze und zum Färben von Textilien und anderen Materialien. In Europa begann die sehr beliebte Gartenpflanze nach dem 2. Weltkrieg auf den Schuttflächen zu verwildern und sich auszubreiten.
Die Riesen Goldrute wird auch in der Homöopathie eingesetzt.
Verwechslungsmöglichkeit
Eine Verwechslung mit ihrer kanadischen Verwandten erfolgt sehr häufig, sie ist jedoch auch mit der heimischen Echten Goldrute (Solidago virgaurea) und dem Fuchs Greiskraut (Senecio ovatus) möglich. Die Blätter des Fuchs Greiskrauts sind im Gegensatz zur Riesen Goldrute auf der Blattober- und Unterseite kahl, die äußeren Zungenblüten viel länger. Die Echte Goldrute bleibt im Wuchs mit maximal 1 m Höhe viel niedriger als ihre riesige Verwandte.
Literaturauswahl
ESSL, F. & RABITSCH, W. (2002): Neobiota in Österreich. - Umweltbundesamt, Wien, 432pp.
GRIEBL, N. (2018): Gärtnern ohne invasive Pflanzen. Problempflanzen und ihre heimischen Alternativen. - Haupt Verlag, 256 pp.
KLEINBAUER, I. & al. (2010): Ausbreitungspotenzial ausgewählter neophytischer Gefäßpflanzen unter Klimawandel in Deutschland und Österreich. - BfN-Skripten 275: 1 - 74.
KOWARIK, I. (2010): Biologische Invasionen. Neophyten und Neozoen in
Mitteleuropa. - 2. Auflage, Ulmer Verlag, 492pp.
NEHRING, S., KOWARIK, I., RABITSCH, W. & ESSL, F. (2013): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wildlebende gebietsfremde Gefäßpflanzen. BfN-Skripten 352: 1-202.
STORL, W-D. (2014): Wandernde Pflanzen. - AT Verlag, 2. Auflage, 320 pp.
WEBER, E. (2013): Invasive Pflanzen der Schweiz. - Haupt Verlag, 224 pp.
https://www.korina.info/
https://www.infoflora.ch/de/assets/content/documents/neophyten/inva_soli_gig_d.pdf
http://www.neophyt.ch/html/downloads.htm
https://www.oewav.at/Downloads/Neophyten
http://www.neophyt.ch/pdf/Ausstellung_Neophyten_BOGA.pdf
https://neobiota.bfn.de/handbuch/gefaesspflanzen/solidago-gigantea.html
https://www.bundesforste.at/uploads/publikationen/Folder_Neophyten_130x220_Auflage2_screen.pdf