Topinambur, Indianer Kartoffel, „Süßkartoffel“
(Helianthus tuberosus L.)
Einfuhr- und Einschleppungswege
Zu Beginn des 17. Jhdts. wurde die Art von Seefahrern nach Europa (Frankreich) gebracht.
Ausbreitungswege
Handel, Gartenbau, unsachgemäße Entsorgung, mit Knollen versetztes Erdmaterial sowie (Boden)aushub, Wasser, Wildtiere.
Erkennungsmerkmale
Die krautige, rauhaarige Pflanze ist mehrjährig und kann bis zu 3 m hoch werden. Die oberirdischen Teile sterben im Herbst ab. Die Blätter sind länglich eiförmig und behaart. Die rauen, behaarten Stängel verzweigen sich im oberen Teil und bilden bis zu 15 gelbe Blütenstände, sogenannte Körbchen, die von August bis November blühen. Die Vermehrung und Überwinterung erfolgt über Wurzelknollen, die am Ende der Ausläufer gebildet werden.
Auswirkungen des Klimawandels
Bei einem Anstieg der Temperatur wird sich die Anzahl der geeigneten Lebensräume für Topinambur verringern, da feuchte Böden bevorzugt werden.
Biologie und Ökologie
Häufig findet man die Art in Gärten als Zier- und Nutzpflanze. Verwildert wächst sie in Hochstaudenfluren, an Ufern, auf Waldlichtungen, an Wegrändern, in lichten Auwäldern und auf Äckern zwischen anderen Kulturen. Sie ist eine Lichtpflanze und bevorzugt feuchte Böden ist sonst jedoch an den Standort anspruchslos. In Mitteleuropa wird wegen der späten Blühzeit der Samen meist nicht reif. Die oberirdischen Teile sterben im Herbst ab, die spindelförmigen Wurzelknollen ertragen Fröste bis - 30° C. Ihr Fleisch ist weiß und gilt als kulinarische Delikatesse. Die Knollen treiben im Frühjahr aus und bilden neue Pflanzen.
Negative ökologische Auswirkungen
Das Wachstum beginnt zeitig im Frühjahr. Topinambur bildet durch zahlreiche Ausläufer rasch sehr dichte Bestände. Diese können durch Beschattung (dichtes Blattwerk) und den dichten Wurzelfilz heimische Arten verdrängen. Auch die Naturverjüngung einheimischer Ufergehölze wird dadurch erschwert.
Negative ökonomische Auswirkungen
Durch das Absterben der oberirdischen Teile im Herbst ist der Boden vegetationsfrei, sodass die Erosionsgefahr bei Hochwasser steigt. Ertragseinbußen entstehen durch das Überwachsen von Kulturen (z.B. Kürbis) auf Äckern.
Positive ökonomische Auswirkungen
Die Pflanze ist eine beliebte Zier und Nutzpflanze. Sie wird im Handel angeboten und die Wurzelknollen zu Speisen verarbeitet. Des Weiteren kommen diese bei der Schnapsherstellung zum Einsatz und sind auch für die Produktion von Biosprit oder Bioethanol geeignet.
Managementmaßnahmen
Ziele der Maßnahmen:
Die Entstehung neuer Bestände verhindern und bestehende in ihrer Ausbreitung hemmen.
- Öffentlichkeitsarbeit.
- Verhinderung der (un)absichtlichen Ausbreitung.
- Unbelastete nicht mit belasteten Böden mischen.
- Gründliche Reinigung benutzter Geräte, Fahrzeuge, Kleidung und Schuhwerk.
- Nach jeder Bekämpfung ist eine mehrjährige Nachkontrolle notwendig, da häufig Knollen in der Erde verbleiben.
Bekämpfungsmaßnahmen:
Einzelne Pflanzen, kleine Bestände
- Knollen im Herbst ausgraben.
- Junge Pflanzen kann man im Frühjahr mit der Knolle ausreißen (bei feuchter Witterung).
Dominanzbestände
- Mahd 2-mal pro Jahr, am besten bei einer Höhe von 50 cm.
- Einmaliges Mulchen gegen Ende Juni, Anfang Juli nach dem Absterben der alten und vor der Bildung neuer Knollen (Speicherknollen werden ausgehungert, Knollenbildung unterdrückt).
Entsorgung
- Bei Transporten von biogenem Material sind ausschließlich geschlossene Systeme zu verwenden, um einer weiteren Verbreitung entgegen zu wirken.
- Mit keimfähigen Teilen belasteter Bodenaushub ist aus fachlicher Sicht auf eine behördlich genehmigte Deponie zu verbringen.
- Das Verbrennen von biogenen und nicht biogenen Materialien außerhalb von genehmigten Anlagen ist gemäß Bundesluftreinhaltegesetz idgF verboten!
Private Flächen
Nicht blühende Pflanzen
- Hausgartenkompostierung
- Biotonne
Blühende/Fruchtende Pflanzen
- Restmüll (sehr gut verpackt)
Öffentliche Flächen
- Beauftragung durch ein befugtes Entsorgungsunternehmen.
Weitere Verwertung in einer genehmigten Kompostier- oder entsprechend genehmigten Biogasanlage.
Ausnahmen: Land- und Forstwirtschaft
Fallen invasive gebietsfremde Arten im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes an, dürfen sie im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.
Wissenswertes
Der Name leitet sich vom indianischen Volk der Tupinambá ab. Die Knollen von Topinambur wurden bereits von den Indianern kultiviert. Auch in Europa schätzte man sie sehr. Erst Mitte des 18. Jhds. verdrängte sie die lagerfähige Kartoffel. Topinambur-Knollen enthalten zahlreiche wichtige Vitamine wie z.B.: B1, B2, B6, C. Auch der Kaliumgehalt ist sehr hoch. Bei Diabetikern sind sie beliebt, da sie den Mehrfachzucker Inulin enthalten. Topinambur hemmt das Hungergefühl und wird in der Homöopathie als Arznei zur Gewichtsreduktion verwendet.
Rezeptbeispiele:
https://www.gutekueche.at/topinambur-einfache-rezepte
https://eatsmarter.de/rezepte/gebratener-topinambur-mit-knoblauch-und-petersilie
https://www.ichkoche.at/topinambur-rezepte/
https://www.lecker.de/rezepte/topinambur
https://www.essen-und-trinken.de/wurzelgemuese/78293-rtkl-topinambur-rezepte-tipps
https://www.chefkoch.de/rs/s0/topinambur/Rezepte.html
https://www.springlane.de/magazin/topinambur-kochen/
https://www.livingathome.de/kochen-feiern/kuechenwissen/278-rtkl-topinambur-rezepte-mit-dem-wurzelgemuese
Verwechslungsmöglichkeit
Topinambur kann mit dem Schlitzblättrigen Sonnenhut (Rudbeckia laciniata) oder einigen Stauden Sonnenblumen (Helianthus), die im Gartenhandel erhältlich sind, verwechselt werden. Die Blätter der Rudbeckie sind jedoch gelappt und ihr Stängel ist kahl.
Literaturauswahl
ESSL, F. & RABITSCH, W. (2002): Neobiota in Österreich. - Umweltbundesamt, Wien, 432pp.
GRIEBL, N. (2018): Gärtnern ohne invasive Pflanzen. Problempflanzen und ihre heimischen Alternativen. - Haupt Verlag, 256 pp.
KLEINBAUER, I. & al. (2010): Ausbreitungspotenzial ausgewählter neophytischer Gefäßpflanzen unter Klimawandel in Deutschland und Österreich. - BfN-Skripten 275: 1 - 74.
https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/service/Dokumente/skripten/skript275.pdf (S 57).
KOWARIK, I. (2010): Biologische Invasionen. Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. - 2. Auflage, Ulmer Verlag, 492pp.
NEHRING, S., KOWARIK, I., RABITSCH, W. & ESSL, F. (2013): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen. BfN-Skripten 352: 1-202. https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/service/Dokumente/skripten/skript352.pdf (S 102-103).
STORL, W-D. (2014): Wandernde Pflanzen. - AT Verlag, 2. Auflage, 320 pp.
WEBER, E. (2013): Invasive Pflanzen der Schweiz. - Haupt Verlag, 224 pp.
https://neobiota.bfn.de/handbuch/gefaesspflanzen/helianthus-tuberosus.html
https://www.korina.info/
https://www.oewav.at/Downloads/Neophyten
https://www.bundesforste.at/uploads/publikationen/Folder_Neophyten_130x220_Auflage2_screen.pdf