Nordamerikanische Schmuckschildkröte,
(Unterart elegans), (Unterart scripta), (Unterart troostii), (Trachemys scripta Schoepff)
Ausbreitungswege
Die meisten Tiere im Freiland gehen wohl auf die „Entsorgung" unerwünschter Exemplare durch die Tierhalter zurück. Das unabsichtliche Entkommen aus Haltungen (z.B. Gartenteiche) ist vermutlich von geringerer Bedeutung. Die Tiere haben kein weites Ausbreitungspotenzial und bleiben meist in der Umgebung der Aussetzungsorte.
Erkennungsmerkmale
Bei der Nordamerikanischen Schmuckschildkröte unterscheidet man die Unterarten Rotwangen-Schmuckschildkröte (Unterart elegans), Gelbbauch-Schmuckschildkröte (Unterart scripta) und Cumberland-Schmuckschildkröte (Unterart troostii).
Jungtiere zeigen einen grünlichen Rückenpanzer, ihre Haut trägt Markierungen und Streifen in verschiedenen Grünschattierungen. Erwachsene Tiere weisen diese Färbung nicht mehr auf, der Rückenpanzer ist bräunlich bis olivgrün gefärbt. Bei der Gelbbauch-Schmuckschildkröte ist hinter dem Auge ein senkrechter, gelber, breiter Streifen zu sehen, wogegen die Rotwangen-Schmuckschildkröte einen länglichen, roten Streifen besitzt. Bei der Cumberland-Schmuckschildkröte erkennt man bei Jungtieren einen gelb bis orangen Streifen, bei ausgewachsenen Tieren ist dieser bräunlich.
Verbreitung in Europa
In Südeuropa häufiges Auftreten, die Bestände nehmen durch Reproduktion zu. Ihr Vorkommen nördlich der Alpen reicht von England über Irland bis ins südliche Skandinavien. In Deutschland erfolgt ihre Fortpflanzung nur in wärmebegünstigten Lebensräumen.
Auswirkungen des Klimawandels
Es ist anzunehmen, dass durch höhere Temperaturen und mildere Winter das Fortkommen und eine regelmäßige Reproduktion erleichtert werden.
Biologie und Ökologie
Schmuckschildkröten sind in stehenden Gewässern mit dichter Ufervegetation anzutreffen, im urbanen Gebiet auch an naturfernen Gewässern und Parkteichen. Sie lassen sich beim Sonnen auf Steinen und Holz leicht beobachten. Eine Reproduktion im Freiland wurde in Kärnten (Kleewein 2007, 2014) und in der Steiermark (Gemel et al. 2005) in klimatisch begünstigten Lagen bereits mehrfach nachgewiesen. Die Weibchen legen in unseren Breiten einmal im Jahr bis zu 30 Eier pro Gelege. Nordamerikanische Schmuckschildkröten ernähren sich zu 70 Prozent von tierischer Kost. Ihre Nahrung besteht bevorzugt aus Muscheln, Fischen, Kaulquappen, Wasserinsekten, Schnecken und Krebstieren. Ausgesetzte Tiere sind fähig in kurzer Zeit ein Biotop leer zu fressen. Schmuckschildkröten können Jahrzehnte alt werden (bis zu 40 Jahre). Ihre Überwinterung erfolgt unter Wasser.
Negative ökologische Auswirkungen
Es besteht Konkurrenz um Nahrung und Raum (Sonnenplätze) mit autochthonen Vorkommen der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis). Aufgrund der unterschiedlichen genetischen Herkünfte der Sumpfschildkröten-Vorkommen in Österreich sind negative Auswirkungen derzeit nur für Niederösterreich und Wien zu erwarten. Schmuckschildkröten stellen als Fressfeinde auch einen zusätzlichen Gefährdungsfaktor für heimische Amphibien- und Wasserinsektenlarven dar. Die Übertragung verschiedener Krankheitserreger wird vermutet (z.B. Rana-Virus), negative Auswirkungen konnten bislang in Österreich nicht bestätigt werden.
Negative ökonomische Auswirkungen
Es sind keine negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft dokumentiert.
Positive ökonomische Auswirkungen
Alle 3 Unterarten sind sehr beliebte Tiere für die Haltung in Aquaterrarien. Seit der EU-Listung sind Handel und Freisetzung in die Natur untersagt!
Negative gesundheitliche Auswirkungen
Als Haustiere gehaltene Schildkröten können (selten) Salmonellen auf den Menschen übertragen.
Managementmaßnahmen
Aufgrund der geringen negativen Auswirkungen besteht in den meisten Bundesländern kein unmittelbarer Handlungsbedarf zur Beseitigung der Vorkommen. Durch Entnahme der Schmuckschildkröten, insbesondere in und in der Nähe naturschutzfachlich wertvoller Lebensräume und Schutzgebiete, sollte die weitere Ausbreitung der Art verhindert werden. Aufgrund der langen Lebensdauer der Tiere ist die absichtliche Freisetzung durch Tierhalter weiterhin relevant und präventiv durch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit zu unterbinden, dies gilt auch für Bundesländer ohne autochthone Sumpfschildkrötenvorkommen wie z. B. die Steiermark. Die Möglichkeit einer Etablierung, d.h. der eigenständigen Reproduktion in der freien Natur in der Zukunft, ist zu beobachten und gegebenenfalls die Ziele der Maßnahmen anzupassen. Wasserschildkröten unterliegen nicht dem Fischereirecht.
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Gezielte Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere bei privaten Tierhaltern.
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Lebendfang in naturschutzfachlich wertvollen Lebensräumen, insbesondere bei autochthonen Vorkommen der Europäischen Sumpfschildkröte.
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Einrichtung eines Überwachungssystems zur Prüfung der eigenständigen Fortpflanzung in der freien Natur.
Lebendfang
Das händische Einfangen der Tiere ist in größeren Gewässern schwierig und kann mit Netzen oder beköderten Trichterreusen erleichtert werden. Es stehen mehrere Drahtkastenfallentypen zur Verfügung, z.B. auf der Gewässeroberfläche schwimmende Platten, die von den Schildkröten als Plätze zum Sonnenbaden genützt werden, können an Käfige angebracht und mit Ködern versehen werden („sundeck trap"). So genannte „Aranzadi"-Fallen (Drahtkästen mit rutschigen PVC- oder Korkrändern) haben sich in Spanien als sehr effektiv herausgestellt (Valdeón et al. 2010, LIFE 2013). Unerwünschte Beifänge sind möglich, die Fallen müssen daher regelmäßig kontrolliert werden. Ein vollständiges Entfernen aller Tiere durch Lebendfang aus größeren Gewässern ist aber nicht möglich.
Temporäre Trockenlegung von Gewässern
Nach der Trockenlegung des Gewässers, können die Schildkröten lebend entnommen werden. Diese Maßnahme eignet sich nur für kleine, künstliche Gewässer, wie z.B. Gartenteiche, die temporär abgelassen werden können. Negative Auswirkungen auf Nicht-Zielarten sind zu erwarten. Diese Maßnahme ist nur in besonders begründeten Einzelfällen nach sorgfältiger Abklärung durch eine Fachkraft und bei Vorliegen der erforderlichen behördlichen Bewilligungen vertretbar.
Andere Maßnahmen
Eine Möglichkeit der Bekämpfung stellt die Zerstörung der Nester dar (Scheibner et al. 2015). Speziell abgerichtete Spürhunde können zudem zum Aufspüren von an Land überwinternden Tieren eingesetzt werden. Die Durchführbarkeit sowie eine Einschätzung der Effektivität sollten geprüft werden. Bei autochthonen Vorkommen der Europäischen Sumpfschildkröte müssen Verwechslungen ausgeschlossen werden (Scheibner et al. 2015).
Weitere Maßnahmen haben sich aus unterschiedlichen Gründen als wenig oder nicht effektiv erwiesen und werden hier nicht empfohlen (Freisetzung nach Sterilisation oder Kastration; Abschuss; gastronomische Nutzung) (Sarat 2014, IUCN 2017).
Wissenswertes
Besonders problematisch sind Vorkommen im Nationalpark Donauauen, da sich dort die einzigen autochthonen Vorkommen der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis befinden.
Vor einer Haltung sollten verschiedenste Faktoren wie z.B. artgerechte Haltung, Raum- und Nahrungsbedarf, allfällige Allergien, sowie zeitlicher und finanzieller Aufwand abgeklärt werden.
Verwechslungsmöglichkeit
Die Amerikanische Schmuckschildkröte könnte mit der heimischen Europäischen Sumpfschildkröte verwechselt werden. Die Unterarten sind jedoch größer und besitzen die charakteristischen roten, gelben oder gelborangen Flecken im Wangenbereich. Die Europäische Sumpfschildkröte weist gelbe Punkte im Hals- und Kopfbereich auf und besitzt oft einen dunkleren Rückenpanzer.
Literatur
GEMEL R. et al. (2005): Ungewöhnliche „Naturbrut" einer Rotwangen-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans) in der Südsteiermark. ÖGH-Aktuell 15: 9-11.
KLEEWEIN, A. (2007): Verbreitung der Rotwangen-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans) in Kärnten. Carinthia II 197/117: 53-58.
KLEEWEIN, A. (2014): Natural reproduction of Trachemys scripta troostii (Holbrook, 1836) x Trachemys scripta scripta (Schoepp, 1792) in Austria. Herpetozoa 26: 183-185.
LIFE (2013). LIFE TRACHEMYS - Demonstration strategy and techniques for the eradication of invasive freshwater turtles. LIFE09
NAT/ES/000529. http://ec.europa.eu/environment/life/project/Projects/index.cfm?fuseaction=search.dspPage&n_proj_id=3821&docType=pdf
SARAT, E. (2014): Red-eared slider turtle (Trachemys scripta elegans) Managing red-eared slider turtles in an urban setting (Navarra, Spain). http://www.gt-ibma.eu/wp-content/uploads/2016/10/Trachemys-scripta-elegans3.pdf
SCHEIBNER, C. et al. (2015): Naturschutzfachliche Managementempfehlungen. Trachemys scripta - Nordamerikanische Schmuckschildkröte. In: BfN (Hrsg.) Management-Handbuch zum Umgang mit gebietsfremden Arten in Deutschland. Band 2: Wirbellose Tiere und Wirbeltiere. Naturschutz und Biologische Vielfalt 141(2): 467-474.
VALDERON, A. et al. (2010): Update of the pond slider Trachemys scripta (Schoepff, 1792) records in Navarre (Northern Spain), and presentation of the Aranzadi Turtle Trap for its population control. Aquatic Invasions 5: 297-302.