Schmalblättrige Wasserpest, Nuttall-Wasserpest
(Elodea nuttallii (Planch.) H. St. John)
Einfuhr- und Einschleppungswege
Die Einfuhr nach Europa erfolgte zu Beginn des 20. Jhdts. zunächst zu Forschungszwecken nach Deutschland, später als Zierpflanze im Gartenbau und im Tierhandel (Aquaristik) sowie zur biologischen Reinigung von Gewässern.
Ausbreitungswege
(Un)absichtliches Ausbringen in die freie Natur durch „ Entsorgung" von Zierfischen, Aquarienpflanzen bzw. Aquarienzubehör, verdriften von vegetativen Teilen in Gewässersystemen, durch Boote, Wassersport- und Tauchausrüstung, Angelmaterialien, Wasservögel.
Erkennungsmerkmale
Die Schmalblättrige Wasserpest ist eine ausdauernde, immergrüne Wasserpflanze, die hauptsächlich untergetaucht lebt und bis zu 2,5 m Länge erreichen kann. Die untergetauchten Blätter sind gefiedert und bilden 4-5 zählige Quirle. Ihre Fiederblätter werden bis zu 5 cm lang. In den Sommermonaten ragen 10-15 cm lange Sprosse aus dem Wasser heraus. Die 3-5 mm breiten dunkelgrünen Tragblätter stehen ebenfalls in 4-5 zähligen Quirlen, sind lanzettlich geformt, dicklich und glänzend. Sie tragen in ihren Achseln von Juni bis September kleine rote Blüten, die Blütenähren bilden.
Status in Österreich
In Österreich wird die Schmalblättrige Wasserpest aus fast allen Bundesländern bis auf Steiermark und Burgenland, gemeldet. Die beliebte Aquarienpflanze scheint aktuell zuzunehmen und wird vermehrt in der Donau und ihren Nebengewässern sowie in zahlreichen Seen nachgewiesen
Verbreitung in Europa
Die Art ist in Europa bereits weit verbreitet. Etablierte Populationen findet man in Österreich, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Schweden und Großbritannien. Nachweise gibt es auch von Kroatien und Estland.
Auswirkungen des Klimawandels
In Slowenien konnte in Jahren mit milderen Wintern und wärmeren Frühlingsmonaten ein verstärktes Wachstum beobachtet werden, sodass davon auszugehen ist, dass die Art vom Klimawandel profitieren wird.
Biologie und Ökologie
Die schmalblättrige Wasserpest kommt an ruhigeren Gewässern vor. Ihr Lebensraum sind Uferzonen von Seen und Teichen, Flüssen und Bächen sowie Feuchtgebiete, Gräben und Kanäle. Auch in nährstoffarmen Gewässern ist sie zu finden. Die Art kann sich aus kleinsten Sprossteilen rasch vegetativ vermehren.
Negative ökologische Auswirkungen
Bei der Bildung von dominanten Massenbeständen besteht Konkurrenz um Ressourcen mit heimischen Wasserpflanzen, z.B. mit der gefährdeten Krebsschere (Stratiotes aloides). Durch allelopathische Wirkung auf Planktonalgen und die Beschattung werden Ökosystem-Prozesse verändert (Photosynthese, Nahrungsnetze, Nährstoffkreisläufe, Sedimentation) und es kann zur Sauerstoffzehrung und einer Beeinträchtigung der Wasserqualität kommen. Negative Auswirkungen sind vor allem in nährstoffarmen Gewässern zu erwarten, insbesondere nach Störungsereignissen (z.B. Gewässerverunreinigung).
Negative ökonomische Auswirkungen
Bei der Bildung von dominanten Massenbeständen können Beeinträchtigungen der Schiff- und Bootsfahrt an Gewässern sowie der Erholungs- (Segeln, Rudern, Angeln, Schwimmen) und Wassernutzung auftreten. Die Sauerstoffzehrung kann zu Fischsterben führen.
Positive ökonomische Auswirkungen
Diese Art ist als Aquarienpflanze nicht im Handel erhältlich, wird jedoch eventuell als vermeintliche Kanadische Wasserpest (Elodea canadensis) im Gartenteichpflanzen-Sortiment geführt. Seit ihrer EU-Listung, ist jeglicher Handel untersagt!
Managementmaßnahmen
Ziele der Maßnahmen:
Die vollständige Beseitigung kleinerer, isolierter Populationen in nicht zu tiefen Gewässern erscheint durch die Kombination von Maßnahmen möglich. Größere Populationen bzw. Vorkommen in tieferen Gewässern sind schwierig und nur mit großem Aufwand und über längere Zeiträume zu bekämpfen. Bestandsreduktionen dienen jedoch vorsorglich der Vermeidung der weiteren Ausbreitung, auch in bisher nicht besiedelte Bundesländer.
- Öffentlichkeitsarbeit. Als Vorbild für die Öffentlichkeit kann die Aktion „Check-Clean-Dry" (GB Non-Native Species Secretariat 2017) dienen.
- Verhinderung der (un)absichtlichen Ausbreitung.
- Entnahme aus der Natur.
- Gründliche Reinigung benutzter Geräte, Fahrzeuge, Kleidung und Schuhwerk.
- Nach jeder Bekämpfung ist eine mehrjährige Nachkontrolle notwendig, um eventuell noch vorhandene Sprossteile zu entfernen.
Mechanische Entnahme
Der Einsatz von Mähbooten oder eine Entfernung mittels Bagger in größeren Gewässern wird kontrovers diskutiert. Die Bestände können dadurch meist nicht vollständig entfernt, aber deutlich reduziert werden. Um eine weitere Ausbreitung durch abgerissene Pflanzenteile während der Entnahme zu verhindern, ist der Einsatz von Sicherheitsnetzen oder vergleichbaren Einrichtungen erforderlich. Eine sorgfältige und möglichst wasserferne Entsorgung der Pflanzenreste ist notwendig. Bei kleineren Gewässern bzw. lokalen Beständen, ist das händische Entfernen der Pflanzen möglich. Aufgrund der hohen Zuwachsraten der Art, müssen die Maßnahmen über mehrere Jahre wiederholt werden.
Hydro-Venturi-Verfahren
Bei dieser Methode werden die Pflanzen samt Wurzelwerk aus dem Sediment gespült und das auftreibende Pflanzenmaterial abgesammelt. Die Methode ist nur bei flachen (bis ca. 1,5 m) und entsprechend zugänglichen Gewässern anwendbar. Die Methode wurde noch nicht an Elodea-Beständen angewandt, erbrachte aber für andere Wasserpflanzen gute Ergebnisse (Zehnsdorf et al. 2015, Hussner et al. 2017).
Beschattung
Schattenspendende Bäume und Gebüsche entlang der Gewässerabschnitte zeigen Wirkung.
Ablassen von Gewässern
Nach der Trockenlegung des Gewässers können die Pflanzen entfernt werden. Das Sediment sollte entweder (im Sommer) hohen oder (im Winter) kalten Temperaturen über einen längeren Zeitraum (mindestens 3 Monate) ausgesetzt werden, wodurch vegetative Pflanzenreste absterben (Barrat-Segretain & Cellot 2007). Das Trockenlegen von Gewässern hat große Auswirkungen auf Nicht-Zielarten. Diese Maßnahme ist nur in besonders begründeten Einzelfällen nach sorgfältiger Abklärung durch eine Fachkraft und bei Vorliegen der erforderlichen behördlichen Bewilligungen vertretbar.
Chemische Bekämpfung
Der Einsatz von Herbiziden in der Nähe von Gewässern verboten (Gewässerschutzbestimmungen!).
Entsorgung
- Eine sorgfältige und möglichst wasserferne Entsorgung der Pflanzenreste ist notwendig.
- Für Transporte des biogenen Materials sind geschlossene Systeme zu verwenden, um eine weitere Verbreitung zu unterbinden.
- Die Entsorgung des Pflanzenmaterials ist gemäß geltenden Bestimmungen durchzuführen.
- Die Nutzung des Materials zur Kompostierung oder Biogasproduktion ist unter Berücksichtigung von Auflagen (z.B. Sterilisieren des Komposts vor Ausbringung) zu bevorzugen.
- Das Verbrennen von biogenen und nicht biogenen Materialien außerhalb von genehmigten Anlagen ist gemäß Bundesluftreinhaltegesetz idgF verboten!
Wissenswertes
Nach der Ausbreitung der sehr ähnlichen Kanadischen Wasserpest (Elodea canadensis) gegen Ende des 19. Jhdts. setzte ein starker Rückgang ein. Als eventuelle Ursache wird eine zunehmende Wasserverschmutzung diskutiert. Die Schmalblättrige Wasserpest hingegen befindet sich in Ausbreitung und ist dabei die Kanadische Wasserpest abzulösen. An zahlreichen Standorten wird die Kanadische Wasserpest bereits durch Schmalblättrige Wasserpest ersetzt. Sie ist offensichtlich toleranter gegen Umweltverschmutzung. Man findet sie auch in stark verunreinigten und sehr nährstoffreichen Gewässern.
Verwechslungsmöglichkeit
Die untergetauchten Blätter sind sehr ähnlich der Kanadischen Wasserpest. Bestimmungsmerkmale findet man unter: http://www.heimbiotop.de/wasserpestarten.html
Literaturauswahl
BARRAT-SEGRETAIN, M.H.& CELLOT, B. (2007): Response of invasive macrophyte species todrawdown: the case of Elodea sp. Aquat. Bot. 87: 255-261.
ESSL, F. & RABITSCH, W. (2002): Neobiota in Österreich. - Umweltbundesamt, Wien, 432pp.
GB Non-Native SPECIES SECRETARIAT (2017): Help stop the spread of invasive plants and animals in British waters.
http://www.nonnativespecies.org/checkcleandry/
NEHRING, S., KOWARIK, I., RABITSCH, W. & ESSL, F. (2013): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen. BfN-Skripten 352: 1-202.
https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/service/Dokumente/skripten/skript352.pdf (S 86-87).
HUSSNER, A. et al. (2017): Management and control methods of invasive alien freshwater aquatic plants: A review. Aquatic Botany 136: 112-137.
ZEHNSDORF, A. et al (2015): Managementoptions of invasive Elodea nuttallii and Elodea canadensis. Limnologica 51: 110-117.
https://www.neobiota-austria.at/elodea-nuttallii
https://www.korina.info/
https://www.oewav.at/Downloads/Neophyten