Wechselblatt-Wasserpest, Afrikanische Wasserpest, Große Scheinwasserpest
(Lagarosiphon major (Ridl.) Moss)
Einfuhr- und Einschleppungswege
Die Wechselblatt-Wasserpest wurde zu Beginn des 19. Jhdts. in Europa als Zierpflanze im Tierhandel (Aquaristik) sowie im Gartenbau eingeführt.
Ausbreitungswege
(Un)absichtliches Ausbringen in die freie Natur durch „Entsorgung" von Zierfischen, Aquarienpflanzen bzw. Aquarienzubehör, verdriften von vegetativen Teilen in Gewässersystemen, durch Boote, Wassersport- und Tauchausrüstung, Angelmaterialien, Wasservögel.
Erkennungsmerkmale
Die Wechselblatt-Wasserpest ist eine untergetauchte, immergrüne Wasserpflanze, deren wenig verzweigte Sprosse mehrere Meter lang werden. Der dicht mit wechselständig angeordneten Blättern und Wurzeln versehene Stängel verankert die Pflanze im Substrat. Durch eingelagerte Gasblasen, wächst er steif aufrecht. Die Blätter sind bis zu 2 cm lang, charakteristisch nach unten gekrümmt und werden im Lauf des Spätsommers steif. Die Pflanze ist zweihäusig, das heißt, es gibt weibliche und männliche Pflanzen. Die kleinen, weißen, aus dem Wasser ragenden „schwimmenden" Blüten sitzen auf langen Blütenstielen. Die Pflanze blüht in den Sommermonaten.
Verbreitung in Europa
Die Art ist seit Anfang des 20. Jhdts. in Europa bekannt und in weiten Teilen West- und Südeuropas etabliert (Irland, Großbritannien, Niederlande, Belgien, Frankreich, Deutschland, Schweiz, Italien, Spanien).
Auswirkungen des Klimawandels
Es ist anzunehmen, dass die Art durch eine Erwärmung von Gewässerökosystemen begünstigt wird.
Biologie und Ökologie
Diese Wasserpflanze besiedelt hauptsächlich stehende und fließende, nährstoffreiche Gewässer.
Negative ökologische Auswirkungen
Die Art bildet dominante, dichte Bestände und zeigt Verdrängungseffekte auf heimische Wasserpflanzen. Durch die Beschattung werden Ökosystem-Prozesse verändert (Photosynthese, Nahrungsnetze), es kann zur Sauerstoffzehrung und einer Beeinträchtigung der Wasserqualität kommen.
Negative ökonomische Auswirkungen
Bei der Bildung von dominanten Massenbeständen können Beeinträchtigungen der Schiff- und Bootsfahrt an Gewässern sowie der Erholungs- (Segeln, Rudern, Angeln, Schwimmen) und Wassernutzung auftreten. Die Sauerstoffzehrung kann zu Fischsterben führen.
Positive ökonomische Auswirkungen
Die Art ist eine Aquarienpflanze. Seit ihrer EU-Listung, ist jedoch jeglicher Handel untersagt!
Managementmaßnahmen
Ziele der Maßnahmen:
Die aktuelle Situation der Vorkommen in Österreich ist zu untersuchen. Die Art ist in Österreich jedenfalls nicht weit verbreitet und alle Vorkommen sollten möglichst rasch vollständig beseitigt werden. Bestandsreduktionen dienen zudem vorsorglich der Vermeidung der weiteren Ausbreitung, auch in bisher nicht besiedelte Bundesländer.
- Öffentlichkeitsarbeit. Als Vorbild für die Öffentlichkeit kann die Aktion „Check-Clean-Dry" (GB Non-Native Species Secretariat 2017) dienen.
- Verhinderung der (un)absichtlichen Ausbreitung.
- Gründliche Reinigung benutzter Geräte, Fahrzeuge, Kleidung und Schuhwerk.
- Nach jeder Bekämpfung ist eine mehrjährige Nachkontrolle notwendig, um eventuell noch vorhandene Sprossteile zu entfernen.
Mechanische Entnahme
Der Einsatz von Mähbooten oder eine Entfernung mittels Bagger in größeren Gewässern wird kontrovers diskutiert. Die Bestände können dadurch meist nicht vollständig entfernt, aber deutlich reduziert werden. Um eine weitere Ausbreitung durch abgerissene Pflanzenteile während der Entnahme zu verhindern, wird der Einsatz von Sicherheitsnetzen oder vergleichbaren Einrichtungen empfohlen (Matthews et al. 2012, Schmiedel et al. 2015). Eine sorgfältige und möglichst wasserferne Entsorgung der Pflanzenreste ist notwendig. Bei kleineren Gewässern bzw. lokalen Beständen, ist das händische Entfernen der Pflanzen möglich, gegebenenfalls muss die Maßnahme über mehrere Jahre wiederholt werden.
Hydro-Venturi-Verfahren
Bei dieser Methode werden die Pflanzen samt Wurzelwerk aus dem Sediment gespült und das auftreibende Pflanzenmaterial abgesammelt. Die Methode ist nur bei flachen (bis ca. 1,5 m) und entsprechend zugänglichen Gewässern anwendbar. Der Einsatz der aufwändigen Methode in Deutschland und in den Niederlanden erbrachte standortabhängig unterschiedliche Ergebnisse (Matthews et al. 2012, Hussner et al. 2017).
Ablassen von Gewässern
Nach der Trockenlegung des Gewässers können die Pflanzen entfernt werden. Das Sediment sollte völlig austrocknen (oder im Winter durchfrieren), da die Wurzeln im feuchten Boden überdauern können. Das Trockenlegen von Gewässern hat große Auswirkungen auf Nicht-Zielarten. Diese Maßnahme ist nur in besonders begründeten Einzelfällen nach sorgfältiger Abklärung durch eine Fachkraft und bei Vorliegen der erforderlichen behördlichen Bewilligungen vertretbar.
Chemische Bekämpfung
Der Einsatz von Herbiziden in der Nähe von Gewässern verboten (Gewässerschutzbestimmungen!).
Entsorgung
- Eine sorgfältige und möglichst wasserferne Entsorgung der Pflanzenreste ist notwendig.
- Für Transporte des biogenen Materials sind geschlossene Systeme zu verwenden, um eine weitere Verbreitung zu unterbinden.
- Die Entsorgung des Pflanzenmaterials ist gemäß geltenden Bestimmungen durchzuführen.
- Die Nutzung des Materials zur Kompostierung oder Biogasproduktion ist unter Berücksichtigung von Auflagen (z.B. Sterilisieren des Komposts vor Ausbringung) zu bevorzugen.
- Das Verbrennen von biogenen und nicht biogenen Materialien außerhalb von genehmigten Anlagen ist gemäß Bundesluftreinhaltegesetz idgF verboten!
Wissenswertes
Die Art blüht in Europa sehr selten und vermehrt sich ausschließlich vegetativ durch abgebrochene Sprossteile.
Verwechslungsmöglichkeit
Eine Ähnlichkeit besteht mit der Schmalblättrigen (Elodea nuttallii) und der Kanadischen Wasserpest (Elodea canadensis). Diese haben jedoch kleinere Blätter. Bestimmungsmerkmale findet man unter:
http://www.heimbiotop.de/wasserpestarten.html
Literaturauswahl
ESSL, F. & RABITSCH, W. (2002): Neobiota in Österreich. - Umweltbundesamt, Wien, 432pp.
GB NON-NATIVE SPECIES SECRETARIAT (2017): Help stop the spread of invasive plants and animals in British waters.
http://www.nonnativespecies.org/checkcleandry/
HUSSNER, A. et al. (2017): Management and control methods of invasive alien freshwater aquatic plants: A review. Aquatic Botany 136: 112-137.
MATTHIEWS, J. et al. (2012): Risk analysis of non-native Curly Waterweed (Lagarosiphon major) in the Netherlands. Rep. Environ. Sci.nr. 418: 26 S. http://www.q-bank.eu/Plants/Controlsheets/RA_Lagarosiphon_final20121101.pdf
NEHRING, S., KOWARIK, I., RABITSCH, W. & ESSL, F. (2013): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen. BfN-Skripten 352: 1-202.
https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/service/Dokumente/skripten/skript352.pdf (S 116-117).
SCHMIEDEL, D. et al. (2015): Naturschutzfachliche Managementempfehlungen. Lagarosiphon major - Wechselblatt-Wasserpest. In:BfN (Hrsg.) Management-Handbuch zum Umgang mit gebietsfremden Arten in Deutschland. Band 1: Pilze, Niedere Pflanzen und Gefäßpflanzen. Naturschutz und Biologische Vielfalt 141(1): 309-315.
https://www.neobiota.austria.at/lagarosiphon_major
https://www.korina.info/
https://www.oewav.at/Downloads/Neophyten