Einjähriges Berufkraut, Feinstrahl
(Erigeron annuus (L.) Desf.)
Einfuhr- und Einschleppungswege
Zu Beginn des 17. Jhdts wurde die Art als Zierpflanze nach Europa eingeführt.
Ausbreitungswege
Durch Wind und menschliche Aktivitäten wie z.B. durch Heutransporte oder verunreinigtes Erdmaterial.
Erkennungsmerkmale
Das Einjährige Berufkraut ist eine ein- bis zweijährige krautige Pflanze (so gesehen ist der deutsche Name irreführend). Sie besitzt eine Pfahlwurzel, die bis zu 1 m tief in die Erde reichen kann. Aus einer Blattrosette wachsen im Frühjahr die bis zu 1m hohen, aufrechten, nach oben hin verzweigten Stängel mit hellgrünen, lanzettförmigen Blättern deren Ränder grob gezähnt sind. Alle oberirdischen Teile sind behaart. Die in einer Schirmrispe stehenden Blütenkörbchen zeigen gelbe Röhren- und weiße, öfters auch leicht violettliche Zungenblüten, die ab Juni zu sehen sind. Die Früchte besitzen Schirmchen aus einem Haarkranz (Pappus), der sie kilometerweit vertragen kann.
Auswirkungen des Klimawandels
Bei einem Anstieg der Temperatur und somit Verlängerung der Vegetationszeit, kann das Einjährige Berufkraut weitere geeignete Lebensräume erobern, da es in höhere Lagen vordringen und dort auch Samen ausbilden kann. Beobachtungen zu Folge, tritt diese Art in Berggebieten vor allem auf südexponierten Weideflächen häufig auf. Mit trockenen Phasen kommt das Einjährige Berufkraut sehr gut zurecht.
Biologie und Ökologie
Das Einjährige Berufkraut verwilderte als Zierpflanze bereits im 18. Jhdt und verbreitete sich danach sehr stark von selbst, auch in Ermangelung von Schädlingen oder Krankheiten. In zahlreichen europäischen Ländern wird es bereits als potenziell invasive Art behandelt. Diese Art ist eine Pionierpflanze und wächst sehr häufig auf von Menschen (anthropogen) veränderten Standorten wie z.B. Straßenrändern- und böschungen, Bahnlinien, Ödland, Brachen und Deponien. Es werden jedoch auch gerne Flussufer, lichte Wälder und Auwälder besiedelt. Sie ist eine Lichtpflanze und bevorzugt nährstoffreiche Böden, doch wird ihr Eindringen seit Jahren auch auf mageren Böden, wie z.B. auf extensiv bewirtschafteten Wiesen und Weiden, beobachtet. Sie besitzt, wie zahlreiche andere invasive Neophyten, chemische Stoffe, die das Wachstum anderer Pflanzen in der Umgebung unterbinden oder behindern (Allelopathie). Die Pflanze bildet im 1. Jahr eine Blattrosette aus, im 2. Jahr blüht sie bereits. Die fortpflanzungsfähigen Samen sind nicht aus einer Befruchtung entstanden, deshalb ist die Fortpflanzung des Einjährigen Berufkrautes asexuell. Aus einer Pflanze kann sich somit rasch ein ganzer Bestand entwickeln. Die Verbreitung der 10.000 bis zu 50.000 Samen pro Pflanze erfolgt durch den Wind.
Negative ökologische Auswirkungen
Lückige Flächen wie z.B. Ruderalstandorte oder auch artenreiche, extensiv bewirtschaftete Wiesen werden durch diese sich stark vermehrende Art rasch in Besitz genommen, und die dort wachsenden, teilweise gefährdeten, geschützten oder seltenen Arten durch Licht-, Wasser- und Nahrungskonkurrenz verdrängt.
Negative ökonomische Auswirkungen
Weiden können durch die rasche Vermehrung dieser Pflanze stark verunkrauten. Das Vieh meidet den Feinstrahl, obwohl er nicht giftig ist, dadurch vergrößert sich der Bewirtschaftungsaufwand auf diesen Flächen. Auch das von dieser Art durchsetzte Heu oder Silagen werden von den Tieren verschmäht.
Managementmaßnahmen
Ziele der Maßnahmen:
Die Entstehung neuer Bestände verhindern und bestehende in ihrer Ausbreitung hemmen.
- Öffentlichkeitsarbeit.
- Verhinderung der unabsichtlichen Ausbreitung, daher Maßnahmen VOR der Blüte setzen.
- Unbelastete nicht mit belasteten Böden mischen.
- Gründliche Reinigung benutzter Geräte, Fahrzeuge, Kleidung und Schuhwerk.
- Nach jeder Bekämpfung ist eine mehrjährige Nachkontrolle notwendig, da häufig Samen und Pflanzenteile in der Erde verbleiben können.
Bekämpfungsmaßnahmen:
Einzelne Pflanzen, kleine Bestände
- Pflanzen von April bis Oktober (alle 3 - 4 Wochen) am besten bei feuchter Witterung ausreißen. Am effektivsten im Frühjahr vor der Blüte, um eine Aussamung zu verhindern.
Dominanzbestände
- Mahd mindestens monatlich über mehrere Jahre hindurch, Erfolg unsicher.
- Kombination von Ausreißen und Mahd. Ausreißen von außen nach innen, um eine weitere Verbreitung zu unterbinden.
Nicht im selben Rhythmus mähen wie die Wiese, da die Pflanzen sehr rasch wieder austreiben, Blüten bilden und die Samen auf den gemähten Blütenständen noch lange nachreifen können.
Entsorgung
- Bei Transporten von biogenem Material sind ausschließlich geschlossene Systeme zu verwenden, um einer weiteren Verbreitung entgegen zu wirken.
- Mit keimfähigen Teilen belasteter Bodenaushub ist aus fachlicher Sicht auf eine behördlich genehmigte Deponie zu verbringen.
- Das Verbrennen von biogenen und nicht biogenen Materialien außerhalb von genehmigten Anlagen ist gemäß Bundesluftreinhaltegesetz idgF verboten!
Private Flächen
Nicht blühende Pflanzen
- Hausgartenkompostierung
- Biotonne
Blühende/Fruchtende Pflanzen
- Restmüll (sehr gut verpackt)
Öffentliche Flächen
- Beauftragung durch ein befugtes Entsorgungsunternehmen. Weitere Verwertung in einer genehmigten Kompostier- oder entsprechend genehmigten Biogasanlage.
Ausnahmen: Land- und Forstwirtschaft
Fallen invasive gebietsfremde Arten im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes an, dürfen sie im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.
Wissenswertes
Das Einjährige Berufkraut ist einer der häufigsten Neophyten Mitteleuropas. Der Name Feinstrahl soll sich sich von den zahlreichen feinen Zungenblüten herleiten. Der bei uns geläufigere Name Berufkraut hat seinen Ursprung durch Bäder, die mit dem Tee des Krautes zubereitet wurden, um Babies, die viel schrien, die sozusagen „berufen" (verhext) waren, vor bösen Mächten zu schützen. Es gab früher auch Empfehlungen das Berufkraut büschelig vor die Stirn zu binden, um Verrücktheit zu heilen. Die Gattung Berufkraut wurde früher verwendet, um Flöhe zu vertreiben, daher entstammt auch der englische Name „Fleabane" (Deutsch: Floh Verbanner). Heutzutage ist diese Pflanze in Europa hauptsächlich als weit verbreitetes, lästiges Unkraut bekannt, in der chinesischen Heilkunde findet es jedoch Verwendung und auch die Indianer nutzten sie als Heilpflanze. Die Pflanze enthält Bitter- und Gerbstoffe sowie Gerbsäuren.
Die jungen, geschmacklich sehr milden Blätter werden in der Wildpflanzen-Küche als Gemüse oder auch Salat eingesetzt.
Verwechslungsmöglichkeit
Der Feinstrahl kann im blühenden Zustand mit anderen Arten der Körbchenblütler wie z.B. der heimischen Kamille (Matricaria chamomilla) verwechselt werden. Die Blätter der Kamille sind jedoch tief geteilt und die Pflanze ist kahl. Die Blätter des Feinstrahls sind sehr ähnlich denen der Kanadischen Goldrute (Solidago canadensis). Diese ist im Wuchs jedoch größer, ihre Blätter sind schmäler und sowohl Zungen als auch Röhrenblüten sind gelb.
Literaturauswahl
ESSL, F. & RABITSCH, W. (2002): Neobiota in Österreich. - Umweltbundesamt, Wien, 432pp.
JÄGER & al. (2017): Rothmaler Exkursionsflora von Deutschland. Gefäßpflanzen: Grundband, 21. Auflage. Verlag Springer Spektrum Berlin, 930 S.
WEBER, E. (2013): Invasive Pflanzen der Schweiz. - Haupt Verlag, 224 pp.
https://www.infoflora.ch/de/assets/content/documents/neophyten/inva_erig_ann_d.pdf
https://noe.lko.at/neub%C3%BCrger-im-gr%C3%BCnland-auf-das-berufkraut-achten+2500+3221860